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Anti-Spiegel
Nach der UN-Vollversammlung
Lawrow schreibt langen Artikel über Russlands Sicht auf die Weltpolitik und den „Zukunftspakt“ des Westens
Nach der UN-Vollversammlung von Ende September hat der russische Außenminister Lawrow einen langen Artikel veröffentlicht, um die russische Position zu den wichtigsten Fragen der Weltpolitik noch einmal darzulegen.
von Anti-Spiegel
4. Oktober 2024 16:32 Uhr
Wenn Außenminister Artikel schreiben, werden die von den großen Medien selten allzu sehr beachtet, von den Regierungen aber schon. Nach der UN-Vollversammlung, bei der der Westen einen „Zukunftspakt“ durchbringen wollte, hat es der russische Außenminister Lawrow für nötig gehalten, die russische Position dazu und zu den anderen aktuellen Themen der sich derzeit rasch verändernden internationalen Beziehungen und der Weltordnung zu äußern, und hat dazu einen ausführlichen Artikel geschrieben, den ich übersetzt habe.
Beginn der Übersetzung:
Artikel des Außenministers der Russischen Föderation Sergej Lawrow „Die UNO: wieder ein Zentrum für die Koordinierung des Handelns der Nationen“, veröffentlicht in der Zeitschrift „Russland in der Weltpolitik“ am 4. Oktober 2024
Vor kurzem endete die allgemeine politische Diskussion der 79. Tagung der UN-Generalversammlung, bei der ich die Russische Föderation im Namen von Präsident Wladimir Putin vertreten habe.
Gibt es eine Zukunft für den „Zukunftspakt“?
Während der Hochrangigen Woche der Vereinten Nationen, die normalerweise in der letzten Septemberwoche stattfindet, wurde ein Forum mit dem Titel „Zukunftsgipfel“ abgehalten. Russland hat die Idee von Generalsekretär Antonio Guterres, dieses Forum einzuberufen, wohlwollend aufgenommen, da sich die Krise der Weltorganisation verschärft und etwas dagegen unternommen werden muss. Russische Diplomaten haben sich aufrichtig an den Vorbereitungen für dieses Treffen beteiligt, obwohl wir keine besonderen Illusionen hatten. Vor allem, es in der Geschichte der UNO schon viele ambitionierte Veranstaltungen gegeben hat, die mit aufsehenerregenden Erklärungen endeten, die bald wieder vergessen waren.
Erinnern wir uns an den Millenniumsgipfel im Jahr 2000, der die Aufgabe proklamierte, „die Völker von den Schrecken des Krieges zu befreien“. Etwas mehr als zwei Jahre später marschierten die USA, an der Spitze der „Koalition der Willigen“, ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats in den Irak ein: Das Land, das die katastrophalen Folgen dieses Abenteuers immer noch nicht überwinden kann.
Der „Weltgipfel“ der Vereinten Nationen im Jahr 2005 verkündete die Verpflichtung zu einem gerechten Frieden in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der UN-Charta. Diese „heilige Verpflichtung“ hinderte Washington und seine Verbündeten nicht daran, den damaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili dazu zu bewegen, 2008 die bewaffnete Aggression gegen das Volk von Südossetien und die russischen Friedenstruppen zu entfesseln. Drei Jahre später startete die NATO die Militärintervention in Libyen, zerstörte die Staatlichkeit des Landes und untergrub die Stabilität der Nachbarländer und den gesamten Nahen Osten.
Im Jahr 2015 wurden auf dem UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung grandiose Pläne zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit verabschiedet. Tatsächlich entpuppten sie sich vor dem Hintergrund des Widerwillens der westlichen Länder, die neokolonialen Praktiken der Abschöpfung des Reichtums der ganzen Welt zu ihren Gunsten aufzugeben, als leere Versprechen. Es genügt ein Blick auf die Statistiken über die Erfüllung der Versprechen, die Entwicklung der Länder des Globalen Südens und den Transfer von umweltschonenden Technologien zu finanzieren.
Wie seinerzeit Kofi Annan und Ban Ki-moon hat auch Antonio Guterres seine Initiative unter dem Slogan des „Neustarts“ der globalen Zusammenarbeit gestartet. Das ist ein schöner Slogan, wer könnte dem widersprechen? Aber von welcher Art von globaler Zusammenarbeit kann man reden, wenn der Westen all die „unantastbaren Werte“ der Globalisierung mit Füßen tritt, von denen er uns so viele Jahre lang von allen Tribünen erzählt hat, um uns davon zu überzeugen, dass sie allen den gleichen Zugang zu den Vorteilen der modernen Zivilisation sichern werden? Wo bleibt die Unverletzlichkeit des Eigentums, die Unschuldsvermutung, die Redefreiheit, der Zugang zu Informationen, der faire Wettbewerb auf den Märkten nach klaren und stabilen Regeln?
Kann man wirklich von globaler Zusammenarbeit sprechen, wenn die westlichen Länder doch einen regelrechten Sanktionskrieg gegen gut die Hälfte, wenn nicht gar die Mehrheit der Staaten der Welt entfesselt haben und der Dollar, der uns als Reichtum und Gut der gesamten Menschheit angepriesen wurde, zu einer Waffe gegen unerwünschte Länder gemacht wurde?
Das Handelsembargo gegen Kuba besteht seit mehr als 60 Jahren, wobei die überwältigende Mehrheit der internationalen Gemeinschaft die Aufhebung des Embargos fordert. In Verfolgung des immer vergänglicheren Ziels, seine Vorherrschaft zu bewahren, blockiert Washington die normale Arbeit der WTO zur Beilegung von Streitigkeiten und die Reform der Bretton-Woods-Institutionen, deren Struktur schon lange nicht mehr das tatsächliche Kräfteverhältnis in der Weltwirtschaft und im Finanzwesen widerspiegelt. Das gesamte Vorgehen des Westens in diesem Bereich zeigt, dass die USA und ihre Satelliten schlichtweg Angst vor fairen Wettbewerb haben.
Das ging so, dass der Westen auch die UNO selbst zu einem Instrument zur Förderung seiner eigenen, eigennützigen Politik machen will. Wie der „Zukunftsgipfel“ gezeigt hat, nehmen die Versuche zu, den zwischenstaatlichen Charakter der Weltorganisation zu verwässern. Längst überfällige Änderungen bei der personellen Besetzung des UN-Sekretariats, dessen Schlüsselpositionen heute faktisch von der Bürokratie besetzt sind und von der westlichen Minderheit „geerbt“ werden, werden aufgehalten. Wenn der Generalsekretär zu einem „Neustart“ der globalen Zusammenarbeit aufruft, sollte das Sekretariat vereinigende Ideen fördern, Kompromissmöglichkeiten anbieten und keine Ausreden erfinden, um in die Arbeit der UNO für den Westen günstige Narrative einzubringen.
Es ist noch nicht zu spät, der UNO neues Leben einzuhauchen. Das kann jedoch nicht durch realitätsferne Gipfeltreffen und Erklärungen geschehen, sondern durch die Wiederherstellung des Vertrauens auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit aller Staaten aus der Charta. Bislang ist das nicht der Fall. Das Vertrauen wird untergraben, auch durch das Vorgehen des Westens, der unter Umgehung der UNO enge Formate zur Lösung ernster und sogar entscheidender Fragen schafft. Dazu gehören die Verwaltung des Internets und die Festlegung des Rechtsrahmens für den Einsatz der Technologien der künstlichen Intelligenz. Diese Probleme betreffen jedoch die Zukunft der gesamten Menschheit. Sie müssen daher auf universeller Basis angegangen werden, ohne Diskriminierung und ohne das Streben nach einseitigen Vorteilen.
Das bedeutet faire Verhandlungen unter Beteiligung aller UN-Mitglieder und nicht, so wie der Zukunftspakt vorbereitet wurde, ohne eine einzige Verhandlungsrunde im Plenum, an der alle Länder teilnehmen. Stattdessen wurde die Arbeit unter der Kontrolle westlicher Manipulatoren durchgeführt. Das führte dazu, dass der Pakt, bevor er überhaupt geboren war, schon in das Pantheon der schön formulierten Erklärungen in englischer Sprache aufgenommen worden war. Das ist leider das Schicksal der „Produkte“ solcher Weltgipfel.
Frieden und Sicherheit
Nicht besser sieht es bei der Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrates aus, die laut UN-Charta verbindlich sind. Wir alle haben die Sabotage der Beschlüsse zur Lösung des Kosovo-Problems und des Abkommens von Dayton über Bosnien-Herzegowina miterlebt. Das grausamste Beispiel ist die fast 80 Jahre lange „Zerschlagung“ der Konsensbeschlüsse zur Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates, der in Frieden und Sicherheit mit Israel koexistiert.
Es gibt und kann keine Rechtfertigung für die Terroranschläge vom 7. Oktober 2023 geben, deren Opfer Israelis waren. Dabei sind alle, die noch Mitgefühl empfinden, empört darüber, dass diese Tragödie zur massenhaften kollektiven Bestrafung der Palästinenser genutzt wird, was zu einer beispiellosen humanitären Katastrophe geführt hat. Das Töten von palästinensischen Zivilisten mit amerikanischen Waffen muss sofort aufhören. Die Versorgung des Gazastreifens mit humanitären Gütern muss sichergestellt und der Wiederaufbau der Infrastruktur organisiert werden. Und vor allem muss die Verwirklichung des legitimen Rechts der Palästinenser auf Selbstbestimmung gewährleistet und ihnen ermöglicht werden – nicht in Worten, sondern in Taten, „vor Ort“ – einen territorial nicht unterbrochenen und lebensfähigen Staat in den Grenzen von 1967 zu errichten, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
Ein weiteres erschütterndes Beispiel für terroristische Methoden zur Erreichung politischer Ziele ist der unmenschliche Angriff auf den Libanon, bei dem zivile Technologie in tödliche Waffen verwandelt wurde. Dieses Verbrechen muss sofort aufgeklärt werden. Aber schon jetzt können wir die zahlreichen Veröffentlichungen in den Medien, auch in Europa und den USA, nicht ignorieren, die von einer gewissen Verwicklung und zumindest vom Wissen Washingtons über die Vorbereitung des Terroranschlags zeugen.
Wir wissen, dass die Amerikaner immer alles leugnen und alles tun werden, um die aufgetauchten Fakten zu „vertuschen“. Genau das haben sie auch als Reaktion auf die unwiderlegbaren Beweise für ihre Beteiligung an den Terroranschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines getan. Übrigens waren diese Pipelines ein perfektes Symbol der „globalen Zusammenarbeit“, von der der UN-Generalsekretär träumt. Ihre Zerstörung hat die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Weltwirtschaft auf viele Jahre hinaus zugunsten der USA geschwächt. Der Westen hat es auch auf dem Gewissen, die Wahrheit über die Organisatoren vieler anderer abscheulicher Verbrechen zu verheimlichen, darunter die blutige Provokation im Kiewer Vorort Butscha im April 2022 und eine Reihe von Vergiftungen russischer Bürger in England und Deutschland.
Das UN-Sekretariat kann in Situationen, die die globale Sicherheit unmittelbar betreffen, nicht außen vor bleiben. Dabei muss es sich an Artikel 100 der UN-Charta halten, unparteiisch handeln und der Versuchung widerstehen, einzelnen Staaten in die Hände zu spielen, insbesondere solchen, die offen nicht zur Zusammenarbeit, sondern zur Teilung der Welt in „den Garten“ und „den Dschungel“ oder in „die, die am demokratischen Tisch speisen“ und die, „die auf der Speisekarte stehen“, aufrufen.
Es ist nicht überflüssig, noch einmal an die „Verdienste“ derer zu erinnern, die vom Rest der Welt die Einhaltung ihrer „Regeln“ verlangen. Die Intervention in Afghanistan und der unrühmliche 20-jährige Aufenthalt der bekannten Koalition dort wurde vom Erscheinen von Al-Qaida begleitet. Die direkte Folge der Aggression gegen den Irak war die Gründung des IS. Die Entfesselung des Krieges in Syrien brachte die Terrorgruppe Jabhat al-Nusra, heute Hayat Tahrir al-Sham, hervor. Die westliche Koalition führt weiterhin Angriffe auf syrisches Hoheitsgebiet durch und inspiriert das Kiewer Regime zu ähnlichen Terrorakten in russischen Gebieten, bei denen Zivilisten und zivile Infrastrukturen angegriffen werden, übrigens wieder mit direkter Unterstützung des Westens. Darüber hinaus bildet das Selensky-Regime in Syrien in Abstimmung mit den Amerikanern Terroristen der Hayat Tahrir al-Sham in neuen Technologien zur Herstellung von Drohnen für Kampfeinsätze gegen die russischen Streitkräfte in Syrien aus.
Die Zerstörung Libyens durch den Westen wiederum hat dem Terrorismus in der Sahara-Sahel-Region Tür und Tor geöffnet und zu Millionen von illegalen Migranten nach Europa geführt. Alle, die sich Gedanken über die Zukunft ihrer Länder und Völker machen, sollten neuen Abenteuer der Erfinder eben dieser „Regeln“ mit äußerster Wachsamkeit gegenüberstehen.
Äußerst besorgniserregend sind auch die fast alltäglich gewordenen Methoden politische Morde, wie beispielsweise am 31. Juli in Teheran und am 27. September in Beirut. Nachdem Israel in der Nacht zum 1. Oktober in den Libanon einmarschiert ist, hat die US-Regierung diesen Akt der Aggression gegen einen souveränen Staat mit keinem Wort verurteilt. Washington ermutigt damit seinen Verbündeten im Nahen Osten, das Kriegsgebiet auszuweiten.
Die tragischen und inakzeptablen Entwicklungen im arabisch-israelischen Konflikt, im Libanon, im Jemen, am Roten Meer und im Golf von Aden, im Sudan und in anderen Krisenherden Afrikas spiegeln die unbestreitbare Tatsache wider, dass es entweder gleiche und unteilbare Sicherheit für alle oder aber Sicherheit für niemanden geben kann.
Seit Jahren versucht Russland, diese scheinbar elementare Wahrheit bei der europäischen Sicherheit in das Bewusstsein Washingtons, Londons und Brüssels zu bringen, die unter den Komplexen der eigenen Außergewöhnlichkeit und Straflosigkeit leiden. Bekanntlich hat der Westen zunächst versprochen, die NATO nicht zu erweitern, und 1999 und 2010 in den offiziellen Dokumenten der OSZE-Gipfel die Verpflichtung unterzeichnet, die eigene Sicherheit nicht auf Kosten anderer zu gewährleisten. In der Praxis betreibt die NATO seit drei Jahrzehnten eine geopolitische und militärische Expansion in Europa und versucht, sich in Transkaukasien und Zentralasien festzusetzen, was eine direkte Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes darstellt. Dasselbe geschieht nun in der asiatisch-pazifischen Region, wo sich die NATO-Infrastruktur „einschleicht“ und wo enge militärpolitische Blöcke geschaffen werden, um China und Russland einzudämmen und die umfassende Sicherheitsarchitektur unter der Schirmherrschaft der ASEAN zu untergraben.
Dabei beruft sich der Westen nicht nur nicht auf die vom UN-Generalsekretär befürwortete „globale Zusammenarbeit“, sondern beschuldigt Russland, China, Weißrussland, Nordkorea und den Iran in seinen Doktrinen heftig, seine Dominanz zu gefährden. Das erklärte Ziel ist es, Russland eine „strategische Niederlage“ zuzufügen – fast so, wie es London und Washington im Mai 1945 geplant hatten, als sie, noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs, die Operation „Unthinkable“ zur Vernichtung der UdSSR entwickelten.
Zu den eigentlichen Ursachen der Krise um die Ukraine
Mitte des 20. Jahrhunderts hielten die angelsächsischen Strategen ihre aggressiven Pläne strengstens geheim, doch die heutige Generation verheimlicht ihre Pläne nicht. Bislang besteht das Kalkül darin, Russland durch die Hand des illegitimen Kiewer Regimes zu besiegen, das im Kern neonazistisch ist. Hierfür gibt es viele Fakten. Kiew förderte und fördert aggressiv neonazistisches Gedankengut, schreibt die Geschichte des Zweiten Weltkriegs um und kultiviert in breiten Teilen der ukrainischen Gesellschaft nationalistische Gefühle und verewigt die Erinnerung an die Nazis und ihre Komplizen. Die Tatsache der direkten Übernahme von Nazi-Symbolen ist offensichtlich. Man muss sich auch an die langjährigen Verbrechen der irregulären „Freiwilligenbataillone“ erinnern, die aus den ideologischen Anhängern des ukrainischen Nationalismus gebildet wurden. Selbst die internationalen Strukturen, die Kiew unterstützen, einschließlich des Amtes des Hohen Kommissars der UNO für Menschenrechte, konnten zu deren Gräueltaten nicht schweigen.
Die Ukraine hat sich in einen Terrorstaat verwandelt, der seine Bürger innerhalb und außerhalb seiner Grenzen seit einem Jahrzehnt terrorisiert. Trotzdem lässt der Westen die Junta in Kiew machen, was sie will, und pumpt riesige Summen in sie hinein. Vor diesem Hintergrund sind die Äußerungen der Chefin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, dass die Ukraine die Werte verteidigt, die der EU wichtig sind, sehr bezeichnend. Auch der Präsident des Europäischen Rates Jean Michel zog Parallelen zwischen der Ukraine und den europäischen Werten. Es ist schwierig, solche Enthüllungen anders zu interpretieren als als Ausdruck des tief nazistischen Charakters der politischen Klasse Europas, die buchstäblich einen Schritt davon entfernt ist, sich in ein selbstmörderisches anti-russisches Abenteuer zu stürzen. Lohnt es sich, über die Sinnlosigkeit und Gefährlichkeit der Idee zu sprechen, gegen eine Atommacht wie Russland „bis zum Sieg kämpfen“ zu wollen?
Nicht weniger sinnlos sind die Beschwörungsformeln der westlichen Herren Kiews über die „Alternativlosigkeit“ von Verhandlungen auf der Grundlage der berüchtigten „Selensky-Formel“. Bei der Verteidigung dieses zum Scheitern verurteilten Ultimatums ist sich der Westen nicht zu schade, sich auf die UN-Charta zu berufen und zu fordern, dass die territoriale Integrität der Ukraine gewährleistet wird.
Es sei daran erinnert, dass der allererste Artikel der Charta die Verpflichtung verkündet, die Grundsätze der Gleichberechtigung und der Selbstbestimmung der Völker zu achten. Das ist die völkerrechtliche Grundlage für den Prozess der Entkolonialisierung, der noch zu Ende gebracht werden muss, so sehr sich die französischen, britischen und anderen ehemaligen Kolonialmächte auch dagegen wehren. 1970 beschloss die UN-Generalversammlung in der „Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts“, dass die territoriale Integrität der Staaten geachtet wird, deren Regierungen das Selbstbestimmungsrecht der Völker achten und somit die gesamte in dem betreffenden Gebiet lebende Bevölkerung vertreten. Das war eine einstimmige Entscheidung der Generalversammlung nach vielen Jahren schwieriger Diskussionen. Man muss nicht beweisen, dass die ukrainischen Neonazis, die durch den von den USA und ihren Verbündeten unterstützten blutigen Staatsstreich im Februar 2014 die Macht in Kiew übernommen haben, die russische Bevölkerung auf der Krim, im Donbass und in Noworossija nicht vertreten haben und es auch weiterhin nicht tun.
Die westlichen Staats- und Regierungschefs, die bei jeder Gelegenheit vom Thema Menschenrechte besessen sind, schweigen bezeichnenderweise zu diesen Rechten, wenn es um die rassistischen Aktionen ihrer Klienten in Kiew geht. Angesichts dieser Vergesslichkeit müssen wir uns eine weitere Forderung des ersten Artikels der UN-Charta ins Gedächtnis rufen: die Achtung der Rechte und Grundfreiheiten aller Menschen, unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Sprache oder Religion. Die Rechte von Russen und Menschen, die mit der russischen Kultur verbunden sind, werden seit dem Staatsstreich in Kiew systematisch ausgehöhlt. Die russische Sprache ist in der Ukraine in allen Bereichen gesetzlich verboten: im Bildungswesen, in den Medien, in der Kunst, in der Kultur und sogar im täglichen Leben.
Vor kurzem wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, das die kanonische ukrainisch-orthodoxe Kirche verbietet. Das Kiewer Regime bekämpft alles, was mit der russischen Welt zu tun hat. Die am meisten diskriminierte Bevölkerungsgruppe in der Ukraine sind seit vielen Jahren die russischsprachigen Bürger. Unter diesen Umständen sind Wladimir Selenskys Beschwörungsformeln über die Notwendigkeit, die UN-Charta zu respektieren, blanker Hohn.
Genau diese eklatanten Verstöße gegen die in der UN-Charta verankerten Rechte der Russen sowie die Bedrohungen für die Sicherheit Russlands und ganz Europas, die von dem Kiewer Regime und denen ausgehen, die es in die NATO hineinziehen, sind die Hauptursachen für die derzeitige Krise in der Ukraine. Die Militäroperation, die Russland durchführt, um seine Sicherheit und die Gegenwart und Zukunft der Menschen in ihrem angestammten Land zu schützen, zielt darauf ab, sie zu beseitigen.
Wir schätzen den aufrichtigen Wunsch einiger unserer Partner, mit besten Absichten Vermittlungsinitiativen zu fördern. Wir respektieren ihren konstruktiven Fokus auf Ergebnisse – im Gegensatz zur Sackgasse der „Selensky-Formel“. Dabei appellieren wir an unsere Freunde, bei ihren künftigen Bemühungen die oben genannten Fakten über die wahren Ursachen der gegenwärtigen Situation voll zu berücksichtigen. Ohne deren Beseitigung kann kein gerechter Frieden auf der Grundlage der UN-Charta erreicht werden. Präsident Putin skizzierte am 14. Juni 2024 einen realistischen Plan für eine Beilegung des Konflikts. Der russische Staatschef demonstrierte einmal mehr überzeugend den guten Willen Russlands, Verhandlungslösungen zu erreichen, deren Aussichten durch den Staatsstreich von 2014, das Scheitern der Minsker Vereinbarungen von 2015 und der Istanbuler Vereinbarungen von 2022 von Kiew und seinen Schutzherren „gekippt“ wurden.
Auf dem Weg zu einer gerechteren internationalen Ordnung
Das beispiellose Niveau der Arroganz und Aggressivität der westlichen Politik gegenüber Russland macht nicht nur die vom UN-Generalsekretär propagierte „globale Zusammenarbeit“ zunichte, sondern blockiert auch zunehmend das Funktionieren des gesamten Systems der weltweiten Führung, einschließlich des UN-Sicherheitsrats. Das ist nicht unsere Entscheidung, und nicht wir müssen die Verantwortung für die Folgen eines solch gefährlichen Kurses tragen. Wenn der Westen jedoch nicht aufhört, werden alle die schweren Kosten spüren.
Für die Mehrheit der Welt ist offensichtlich, dass Konfrontation und Hegemonie kein einziges globales Problem lösen werden. Sie hemmen nur künstlich den objektiven Prozess der Bildung einer multipolaren Weltordnung, die auf der Gleichberechtigung von großen und kleinen Nationen, der Achtung des Wertes der menschlichen Persönlichkeit, der Gleichberechtigung von Mann und Frau und dem Recht der Völker, ihr Schicksal selbst zu bestimmen, beruht. All dies findet sich auch in der UN-Charta. Ebenso wie der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten, dessen Bestätigung zur Schande der UN-Mitglieder von den USA und ihren Satelliten auf dem „Zukunftsgipfel“ bei der Verabschiedung des entsprechenden Paktes blockiert wurde.
In seiner Rede vor den Teilnehmern des IV. Eurasischen Frauenforums am 18. September 2024 in St. Petersburg betonte Wladimir Putin die Notwendigkeit, die Anstrengungen im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung und einer universellen, gleichen und unteilbaren Sicherheit zu vereinen. Man kann die komplexen Probleme der gesamten Menschheit nur gemeinsam lösen und muss dabei die Interessen der anderen berücksichtigen. Der Westen muss das erkennen und seine neokolonialen Ambitionen aufgeben.
Der globale Süden und der Osten der Welt machen zunehmend ihr Recht auf eine umfassende Beteiligung an Entscheidungsprozessen im gesamten Spektrum der internationalen Agenda geltend. Das gewinnt in einer Situation, in der der Westen das von ihm geschaffene Globalisierungsmodell systematisch zerstört, immer mehr an Bedeutung.
Die Rolle zwischenstaatlicher Vereinigungen in Asien, Afrika und Lateinamerika wird gestärkt. Dazu gehören die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die Eurasische Wirtschaftsunion, die Afrikanische Union, die Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten, die Liga der Arabischen Staaten, der Verband Südostasiatischer Nationen und viele andere.
Regionale Integrationsstrukturen knüpfen Kontakte sowohl untereinander als auch mit der globalen Vereinigung BRICS, was Möglichkeiten für die Harmonisierung von Ansätzen zur Vereinbarung von Mechanismen für eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit und Entwicklung jenseits der Kontrolle negativer externer Einflüsse und Diktate schafft. All diese objektiven Prozesse müssen auch bei den Aktivitäten der G20 berücksichtigt werden, wo die G7 nicht mehr „die Musik bestellen“ kann.
Zur Sicherheitsarchitektur in Eurasien
Heute muss man einen neuen Blick auf die Art und Weise werfen, wie die Sicherheit in verschiedenen Regionen gewährleistet werden kann, und dabei Lehren aus den traurigen Erfahrungen mit den transatlantischen Sicherheitsmodellen ziehen, die der Westen in den Dienst seiner expansionistischen Pläne gestellt hat.
Russland hat eine Initiative zur Schaffung einer umfassenden Architektur für gleiche und unteilbare Sicherheit in Eurasien vorgelegt. Sie steht allen Staaten und Organisationen unseres gemeinsamen Kontinents offen, die bereit sind, zusammenzuarbeiten, um allgemein akzeptable Lösungen zu finden und dabei die Verflechtung und die natürlichen Wettbewerbsvorteile des gemeinsamen eurasischen Raums zu nutzen. Dieses Thema wird Gegenstand der internationalen Konferenz in Minsk sein, die vom 31. Oktober bis 1. November 2024 stattfinden wird.
Die Bildung eines Raums gleicher und unteilbarer Sicherheit in Eurasien ist angesichts der groß angelegten Prozesse, die sich in der Makroregion abspielen, eine dringende Notwendigkeit. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Verschlechterung der militärischen und politischen Lage durch den Kurs des „kollektiven Westens“, die souveräne Entwicklung der führenden Mächte des Kontinents zu untergraben, für die verantwortlichen eurasischen Staaten an sich nicht akzeptabel ist. Es geht auch darum, dass die wachsenden Risiken, dass Spannungen zu großen Konflikten eskalieren, die weitere schrittweise Entwicklung des gesamten eurasischen Raums in Frage stellen, in dem das Wachstum der Weltwirtschaft zu einem Großteil gewährleistet wird. Die Lösung der Sicherheitsfragen ist eine Voraussetzung für die weitere dynamische Entwicklung der Länder des Kontinents und für die Erschließung des Potenzials der multilateralen Projekte, an denen sie beteiligt sind.
Unsere Initiative basiert auf der Einsicht, dass die Staaten und multilateralen Strukturen der eurasischen Region nach dem Prinzip „Eurasische Probleme – eurasische Lösungen“ die Verantwortung für die Gewährleistung ihrer eigenen Sicherheit übernehmen müssen. Die strategischen Ziele der von uns vorgeschlagenen Architektur sind daher die Beilegung bestehender Widersprüche auf dem Kontinent durch die eurasischen Länder selbst, die Verhinderung künftiger Konflikte und die Beseitigung der destabilisierenden militärischen Präsenz von Akteuren, die nicht aus der Region Eurasien sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Staaten, die an einer langfristigen Stabilisierung der militärischen und politischen Lage interessiert sind, sich aktiv an der Lösung von Sicherheitsfragen auf der Grundlage einer Einigung auf gemeinsame Ansätze beteiligen werden. Wir betrachten Fragen der Wirtschaft, des sozialen Wohlergehens, der Integration und der für die Beteiligten vorteilhaften Zusammenarbeit sowie die Lösung gemeinsamer Probleme als integralen Bestandteil der Arbeit im Bereich der eurasischen Sicherheit.
Dabei betreiben wir keine „Abschottung“ der europäischen Staaten und schließen sie nicht vom Dialog aus, vorausgesetzt, sie sind wirklich interessiert und nicht an destruktiven Aktionen gegen andere Länder in Eurasien beteiligt, einem Kontinent, der sich von Lissabon bis Wladiwostok und von Moskau bis Riad, Neu-Delhi, Peking und Jakarta erstreckt.
Und zur Reform des UN-Sicherheitsrates
Im Juli dieses Jahres hat der UN-Sicherheitsrat auf Anregung Russlands eine offene Debatte über den Aufbau einer gerechteren und nachhaltigeren Weltordnung geführt. Es ist zweifellos wichtig, die in der UNO und auf anderen Plattformen begonnene Diskussion fortzusetzen. Dabei ist für uns völlig klar, dass eine gerechte Weltordnung eine stärkere Vertretung des Globalen Südens und Ostens – also der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas – im UN-Sicherheitsrat voraussetzt. Wir haben unsere Position zugunsten der Kandidaturen Brasiliens und Indiens bekräftigt und gleichzeitig eine positive Entscheidung zu den Initiativen der Afrikanischen Union in dieser Frage getroffen. Es ist unlogisch und sogar absurd, die Idee zusätzlicher Sitze für westliche Länder und ihre Verbündeten zu unterstützen, die im Sicherheitsrat bereits überrepräsentiert sind.
Allerdings halten nicht alle das, was wir tun, für gerecht. Über die Reform des UN-Sicherheitsrats werden viele Meinungen veröffentlicht. Antonio Guterres hat jedoch am meisten überrascht, als er sagte, dass Europa im UN-Sicherheitsrat überrepräsentiert sei, weil Frankreich, Großbritannien und Russland ständige Mitglieder sind. Dieses geopolitische Weltbild spiegelt nicht nur nicht die aktuelle Realität wider, sondern verzerrt sie völlig: insbesondere nach dem Austritt Londons aus der EU und unserer Weigerung, den transatlantischen und pan-europäischen Projekten beizutreten.
Im Mai 2025 jährt sich zum 80. Mal der Sieg im Zweiten Weltkrieg. Die Opfer der völkermörderischen Politik des Dritten Reiches waren mehrere Dutzend Millionen Menschen, darunter 27 Millionen Vertreter aller Völker der Sowjetunion. Solche Verbrechen verjähren nicht, ebenso wenig wie es eine moralische Rechtfertigung für diejenigen gibt, die heute versuchen, die Nazi-Henker, Kollaborateure und ihre heutigen Anhänger weißzuwaschen, sei es in der Ukraine, den baltischen Staaten, Kanada oder anderen Ländern.
Wie im Zweiten Weltkrieg steht die internationale Gemeinschaft auch heute wieder vor schwerwiegenden Herausforderungen, die gemeinsame Anstrengungen statt Konfrontation und Streben nach globaler Vorherrschaft erfordern. Russland wird immer auf der Seite der gemeinsamen Arbeit stehen, auf der Seite der Wahrheit und des Rechts, des Friedens und der Zusammenarbeit im Interesse der Wiederbelebung der Ideale, die von den Gründungsvätern der UNO festgelegt wurden. Das ist das Ziel der Arbeit der Gruppe der Freunde der UN-Charta, die auf Initiative Venezuelas gegründet wurde. Ihre Ziele und Grundsätze sind nach wie vor von großer Bedeutung. Das Wichtigste ist, dass sich ausnahmslos alle von diesen Grundsätzen leiten lassen, und zwar nicht selektiv, indem sie aus dem Menü nur einige auswählen, sondern in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenhang, einschließlich des Grundsatzes der souveränen Gleichheit der Staaten. Wenn wir uns dann für einen gerechten Ausgleich der legitimen nationalen Interessen aller Länder einsetzen, werden wir in der Lage sein, das Ziel der UN-Charta zu verwirklichen: „Ein Zentrum für die Koordinierung des Handelns der Nationen zu sein“.
Ende der Übersetzung
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https://anti-spiegel.ru/2024/lawrow-schreibt-langen-artikel-ueber-russlands-sicht-auf-die-weltpolitik-und-den-zukunftspakt-des-westens/
Nach der UN-Vollversammlung
Lawrow schreibt langen Artikel über Russlands Sicht auf die Weltpolitik und den „Zukunftspakt“ des Westens
Nach der UN-Vollversammlung von Ende September hat der russische Außenminister Lawrow einen langen Artikel veröffentlicht, um die russische Position zu den wichtigsten Fragen der Weltpolitik noch einmal darzulegen.
von Anti-Spiegel
4. Oktober 2024 16:32 Uhr
Wenn Außenminister Artikel schreiben, werden die von den großen Medien selten allzu sehr beachtet, von den Regierungen aber schon. Nach der UN-Vollversammlung, bei der der Westen einen „Zukunftspakt“ durchbringen wollte, hat es der russische Außenminister Lawrow für nötig gehalten, die russische Position dazu und zu den anderen aktuellen Themen der sich derzeit rasch verändernden internationalen Beziehungen und der Weltordnung zu äußern, und hat dazu einen ausführlichen Artikel geschrieben, den ich übersetzt habe.
Beginn der Übersetzung:
Artikel des Außenministers der Russischen Föderation Sergej Lawrow „Die UNO: wieder ein Zentrum für die Koordinierung des Handelns der Nationen“, veröffentlicht in der Zeitschrift „Russland in der Weltpolitik“ am 4. Oktober 2024
Vor kurzem endete die allgemeine politische Diskussion der 79. Tagung der UN-Generalversammlung, bei der ich die Russische Föderation im Namen von Präsident Wladimir Putin vertreten habe.
Gibt es eine Zukunft für den „Zukunftspakt“?
Während der Hochrangigen Woche der Vereinten Nationen, die normalerweise in der letzten Septemberwoche stattfindet, wurde ein Forum mit dem Titel „Zukunftsgipfel“ abgehalten. Russland hat die Idee von Generalsekretär Antonio Guterres, dieses Forum einzuberufen, wohlwollend aufgenommen, da sich die Krise der Weltorganisation verschärft und etwas dagegen unternommen werden muss. Russische Diplomaten haben sich aufrichtig an den Vorbereitungen für dieses Treffen beteiligt, obwohl wir keine besonderen Illusionen hatten. Vor allem, es in der Geschichte der UNO schon viele ambitionierte Veranstaltungen gegeben hat, die mit aufsehenerregenden Erklärungen endeten, die bald wieder vergessen waren.
Erinnern wir uns an den Millenniumsgipfel im Jahr 2000, der die Aufgabe proklamierte, „die Völker von den Schrecken des Krieges zu befreien“. Etwas mehr als zwei Jahre später marschierten die USA, an der Spitze der „Koalition der Willigen“, ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats in den Irak ein: Das Land, das die katastrophalen Folgen dieses Abenteuers immer noch nicht überwinden kann.
Der „Weltgipfel“ der Vereinten Nationen im Jahr 2005 verkündete die Verpflichtung zu einem gerechten Frieden in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der UN-Charta. Diese „heilige Verpflichtung“ hinderte Washington und seine Verbündeten nicht daran, den damaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili dazu zu bewegen, 2008 die bewaffnete Aggression gegen das Volk von Südossetien und die russischen Friedenstruppen zu entfesseln. Drei Jahre später startete die NATO die Militärintervention in Libyen, zerstörte die Staatlichkeit des Landes und untergrub die Stabilität der Nachbarländer und den gesamten Nahen Osten.
Im Jahr 2015 wurden auf dem UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung grandiose Pläne zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit verabschiedet. Tatsächlich entpuppten sie sich vor dem Hintergrund des Widerwillens der westlichen Länder, die neokolonialen Praktiken der Abschöpfung des Reichtums der ganzen Welt zu ihren Gunsten aufzugeben, als leere Versprechen. Es genügt ein Blick auf die Statistiken über die Erfüllung der Versprechen, die Entwicklung der Länder des Globalen Südens und den Transfer von umweltschonenden Technologien zu finanzieren.
Wie seinerzeit Kofi Annan und Ban Ki-moon hat auch Antonio Guterres seine Initiative unter dem Slogan des „Neustarts“ der globalen Zusammenarbeit gestartet. Das ist ein schöner Slogan, wer könnte dem widersprechen? Aber von welcher Art von globaler Zusammenarbeit kann man reden, wenn der Westen all die „unantastbaren Werte“ der Globalisierung mit Füßen tritt, von denen er uns so viele Jahre lang von allen Tribünen erzählt hat, um uns davon zu überzeugen, dass sie allen den gleichen Zugang zu den Vorteilen der modernen Zivilisation sichern werden? Wo bleibt die Unverletzlichkeit des Eigentums, die Unschuldsvermutung, die Redefreiheit, der Zugang zu Informationen, der faire Wettbewerb auf den Märkten nach klaren und stabilen Regeln?
Kann man wirklich von globaler Zusammenarbeit sprechen, wenn die westlichen Länder doch einen regelrechten Sanktionskrieg gegen gut die Hälfte, wenn nicht gar die Mehrheit der Staaten der Welt entfesselt haben und der Dollar, der uns als Reichtum und Gut der gesamten Menschheit angepriesen wurde, zu einer Waffe gegen unerwünschte Länder gemacht wurde?
Das Handelsembargo gegen Kuba besteht seit mehr als 60 Jahren, wobei die überwältigende Mehrheit der internationalen Gemeinschaft die Aufhebung des Embargos fordert. In Verfolgung des immer vergänglicheren Ziels, seine Vorherrschaft zu bewahren, blockiert Washington die normale Arbeit der WTO zur Beilegung von Streitigkeiten und die Reform der Bretton-Woods-Institutionen, deren Struktur schon lange nicht mehr das tatsächliche Kräfteverhältnis in der Weltwirtschaft und im Finanzwesen widerspiegelt. Das gesamte Vorgehen des Westens in diesem Bereich zeigt, dass die USA und ihre Satelliten schlichtweg Angst vor fairen Wettbewerb haben.
Das ging so, dass der Westen auch die UNO selbst zu einem Instrument zur Förderung seiner eigenen, eigennützigen Politik machen will. Wie der „Zukunftsgipfel“ gezeigt hat, nehmen die Versuche zu, den zwischenstaatlichen Charakter der Weltorganisation zu verwässern. Längst überfällige Änderungen bei der personellen Besetzung des UN-Sekretariats, dessen Schlüsselpositionen heute faktisch von der Bürokratie besetzt sind und von der westlichen Minderheit „geerbt“ werden, werden aufgehalten. Wenn der Generalsekretär zu einem „Neustart“ der globalen Zusammenarbeit aufruft, sollte das Sekretariat vereinigende Ideen fördern, Kompromissmöglichkeiten anbieten und keine Ausreden erfinden, um in die Arbeit der UNO für den Westen günstige Narrative einzubringen.
Es ist noch nicht zu spät, der UNO neues Leben einzuhauchen. Das kann jedoch nicht durch realitätsferne Gipfeltreffen und Erklärungen geschehen, sondern durch die Wiederherstellung des Vertrauens auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit aller Staaten aus der Charta. Bislang ist das nicht der Fall. Das Vertrauen wird untergraben, auch durch das Vorgehen des Westens, der unter Umgehung der UNO enge Formate zur Lösung ernster und sogar entscheidender Fragen schafft. Dazu gehören die Verwaltung des Internets und die Festlegung des Rechtsrahmens für den Einsatz der Technologien der künstlichen Intelligenz. Diese Probleme betreffen jedoch die Zukunft der gesamten Menschheit. Sie müssen daher auf universeller Basis angegangen werden, ohne Diskriminierung und ohne das Streben nach einseitigen Vorteilen.
Das bedeutet faire Verhandlungen unter Beteiligung aller UN-Mitglieder und nicht, so wie der Zukunftspakt vorbereitet wurde, ohne eine einzige Verhandlungsrunde im Plenum, an der alle Länder teilnehmen. Stattdessen wurde die Arbeit unter der Kontrolle westlicher Manipulatoren durchgeführt. Das führte dazu, dass der Pakt, bevor er überhaupt geboren war, schon in das Pantheon der schön formulierten Erklärungen in englischer Sprache aufgenommen worden war. Das ist leider das Schicksal der „Produkte“ solcher Weltgipfel.
Frieden und Sicherheit
Nicht besser sieht es bei der Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrates aus, die laut UN-Charta verbindlich sind. Wir alle haben die Sabotage der Beschlüsse zur Lösung des Kosovo-Problems und des Abkommens von Dayton über Bosnien-Herzegowina miterlebt. Das grausamste Beispiel ist die fast 80 Jahre lange „Zerschlagung“ der Konsensbeschlüsse zur Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates, der in Frieden und Sicherheit mit Israel koexistiert.
Es gibt und kann keine Rechtfertigung für die Terroranschläge vom 7. Oktober 2023 geben, deren Opfer Israelis waren. Dabei sind alle, die noch Mitgefühl empfinden, empört darüber, dass diese Tragödie zur massenhaften kollektiven Bestrafung der Palästinenser genutzt wird, was zu einer beispiellosen humanitären Katastrophe geführt hat. Das Töten von palästinensischen Zivilisten mit amerikanischen Waffen muss sofort aufhören. Die Versorgung des Gazastreifens mit humanitären Gütern muss sichergestellt und der Wiederaufbau der Infrastruktur organisiert werden. Und vor allem muss die Verwirklichung des legitimen Rechts der Palästinenser auf Selbstbestimmung gewährleistet und ihnen ermöglicht werden – nicht in Worten, sondern in Taten, „vor Ort“ – einen territorial nicht unterbrochenen und lebensfähigen Staat in den Grenzen von 1967 zu errichten, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
Ein weiteres erschütterndes Beispiel für terroristische Methoden zur Erreichung politischer Ziele ist der unmenschliche Angriff auf den Libanon, bei dem zivile Technologie in tödliche Waffen verwandelt wurde. Dieses Verbrechen muss sofort aufgeklärt werden. Aber schon jetzt können wir die zahlreichen Veröffentlichungen in den Medien, auch in Europa und den USA, nicht ignorieren, die von einer gewissen Verwicklung und zumindest vom Wissen Washingtons über die Vorbereitung des Terroranschlags zeugen.
Wir wissen, dass die Amerikaner immer alles leugnen und alles tun werden, um die aufgetauchten Fakten zu „vertuschen“. Genau das haben sie auch als Reaktion auf die unwiderlegbaren Beweise für ihre Beteiligung an den Terroranschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines getan. Übrigens waren diese Pipelines ein perfektes Symbol der „globalen Zusammenarbeit“, von der der UN-Generalsekretär träumt. Ihre Zerstörung hat die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Weltwirtschaft auf viele Jahre hinaus zugunsten der USA geschwächt. Der Westen hat es auch auf dem Gewissen, die Wahrheit über die Organisatoren vieler anderer abscheulicher Verbrechen zu verheimlichen, darunter die blutige Provokation im Kiewer Vorort Butscha im April 2022 und eine Reihe von Vergiftungen russischer Bürger in England und Deutschland.
Das UN-Sekretariat kann in Situationen, die die globale Sicherheit unmittelbar betreffen, nicht außen vor bleiben. Dabei muss es sich an Artikel 100 der UN-Charta halten, unparteiisch handeln und der Versuchung widerstehen, einzelnen Staaten in die Hände zu spielen, insbesondere solchen, die offen nicht zur Zusammenarbeit, sondern zur Teilung der Welt in „den Garten“ und „den Dschungel“ oder in „die, die am demokratischen Tisch speisen“ und die, „die auf der Speisekarte stehen“, aufrufen.
Es ist nicht überflüssig, noch einmal an die „Verdienste“ derer zu erinnern, die vom Rest der Welt die Einhaltung ihrer „Regeln“ verlangen. Die Intervention in Afghanistan und der unrühmliche 20-jährige Aufenthalt der bekannten Koalition dort wurde vom Erscheinen von Al-Qaida begleitet. Die direkte Folge der Aggression gegen den Irak war die Gründung des IS. Die Entfesselung des Krieges in Syrien brachte die Terrorgruppe Jabhat al-Nusra, heute Hayat Tahrir al-Sham, hervor. Die westliche Koalition führt weiterhin Angriffe auf syrisches Hoheitsgebiet durch und inspiriert das Kiewer Regime zu ähnlichen Terrorakten in russischen Gebieten, bei denen Zivilisten und zivile Infrastrukturen angegriffen werden, übrigens wieder mit direkter Unterstützung des Westens. Darüber hinaus bildet das Selensky-Regime in Syrien in Abstimmung mit den Amerikanern Terroristen der Hayat Tahrir al-Sham in neuen Technologien zur Herstellung von Drohnen für Kampfeinsätze gegen die russischen Streitkräfte in Syrien aus.
Die Zerstörung Libyens durch den Westen wiederum hat dem Terrorismus in der Sahara-Sahel-Region Tür und Tor geöffnet und zu Millionen von illegalen Migranten nach Europa geführt. Alle, die sich Gedanken über die Zukunft ihrer Länder und Völker machen, sollten neuen Abenteuer der Erfinder eben dieser „Regeln“ mit äußerster Wachsamkeit gegenüberstehen.
Äußerst besorgniserregend sind auch die fast alltäglich gewordenen Methoden politische Morde, wie beispielsweise am 31. Juli in Teheran und am 27. September in Beirut. Nachdem Israel in der Nacht zum 1. Oktober in den Libanon einmarschiert ist, hat die US-Regierung diesen Akt der Aggression gegen einen souveränen Staat mit keinem Wort verurteilt. Washington ermutigt damit seinen Verbündeten im Nahen Osten, das Kriegsgebiet auszuweiten.
Die tragischen und inakzeptablen Entwicklungen im arabisch-israelischen Konflikt, im Libanon, im Jemen, am Roten Meer und im Golf von Aden, im Sudan und in anderen Krisenherden Afrikas spiegeln die unbestreitbare Tatsache wider, dass es entweder gleiche und unteilbare Sicherheit für alle oder aber Sicherheit für niemanden geben kann.
Seit Jahren versucht Russland, diese scheinbar elementare Wahrheit bei der europäischen Sicherheit in das Bewusstsein Washingtons, Londons und Brüssels zu bringen, die unter den Komplexen der eigenen Außergewöhnlichkeit und Straflosigkeit leiden. Bekanntlich hat der Westen zunächst versprochen, die NATO nicht zu erweitern, und 1999 und 2010 in den offiziellen Dokumenten der OSZE-Gipfel die Verpflichtung unterzeichnet, die eigene Sicherheit nicht auf Kosten anderer zu gewährleisten. In der Praxis betreibt die NATO seit drei Jahrzehnten eine geopolitische und militärische Expansion in Europa und versucht, sich in Transkaukasien und Zentralasien festzusetzen, was eine direkte Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes darstellt. Dasselbe geschieht nun in der asiatisch-pazifischen Region, wo sich die NATO-Infrastruktur „einschleicht“ und wo enge militärpolitische Blöcke geschaffen werden, um China und Russland einzudämmen und die umfassende Sicherheitsarchitektur unter der Schirmherrschaft der ASEAN zu untergraben.
Dabei beruft sich der Westen nicht nur nicht auf die vom UN-Generalsekretär befürwortete „globale Zusammenarbeit“, sondern beschuldigt Russland, China, Weißrussland, Nordkorea und den Iran in seinen Doktrinen heftig, seine Dominanz zu gefährden. Das erklärte Ziel ist es, Russland eine „strategische Niederlage“ zuzufügen – fast so, wie es London und Washington im Mai 1945 geplant hatten, als sie, noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs, die Operation „Unthinkable“ zur Vernichtung der UdSSR entwickelten.
Zu den eigentlichen Ursachen der Krise um die Ukraine
Mitte des 20. Jahrhunderts hielten die angelsächsischen Strategen ihre aggressiven Pläne strengstens geheim, doch die heutige Generation verheimlicht ihre Pläne nicht. Bislang besteht das Kalkül darin, Russland durch die Hand des illegitimen Kiewer Regimes zu besiegen, das im Kern neonazistisch ist. Hierfür gibt es viele Fakten. Kiew förderte und fördert aggressiv neonazistisches Gedankengut, schreibt die Geschichte des Zweiten Weltkriegs um und kultiviert in breiten Teilen der ukrainischen Gesellschaft nationalistische Gefühle und verewigt die Erinnerung an die Nazis und ihre Komplizen. Die Tatsache der direkten Übernahme von Nazi-Symbolen ist offensichtlich. Man muss sich auch an die langjährigen Verbrechen der irregulären „Freiwilligenbataillone“ erinnern, die aus den ideologischen Anhängern des ukrainischen Nationalismus gebildet wurden. Selbst die internationalen Strukturen, die Kiew unterstützen, einschließlich des Amtes des Hohen Kommissars der UNO für Menschenrechte, konnten zu deren Gräueltaten nicht schweigen.
Die Ukraine hat sich in einen Terrorstaat verwandelt, der seine Bürger innerhalb und außerhalb seiner Grenzen seit einem Jahrzehnt terrorisiert. Trotzdem lässt der Westen die Junta in Kiew machen, was sie will, und pumpt riesige Summen in sie hinein. Vor diesem Hintergrund sind die Äußerungen der Chefin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, dass die Ukraine die Werte verteidigt, die der EU wichtig sind, sehr bezeichnend. Auch der Präsident des Europäischen Rates Jean Michel zog Parallelen zwischen der Ukraine und den europäischen Werten. Es ist schwierig, solche Enthüllungen anders zu interpretieren als als Ausdruck des tief nazistischen Charakters der politischen Klasse Europas, die buchstäblich einen Schritt davon entfernt ist, sich in ein selbstmörderisches anti-russisches Abenteuer zu stürzen. Lohnt es sich, über die Sinnlosigkeit und Gefährlichkeit der Idee zu sprechen, gegen eine Atommacht wie Russland „bis zum Sieg kämpfen“ zu wollen?
Nicht weniger sinnlos sind die Beschwörungsformeln der westlichen Herren Kiews über die „Alternativlosigkeit“ von Verhandlungen auf der Grundlage der berüchtigten „Selensky-Formel“. Bei der Verteidigung dieses zum Scheitern verurteilten Ultimatums ist sich der Westen nicht zu schade, sich auf die UN-Charta zu berufen und zu fordern, dass die territoriale Integrität der Ukraine gewährleistet wird.
Es sei daran erinnert, dass der allererste Artikel der Charta die Verpflichtung verkündet, die Grundsätze der Gleichberechtigung und der Selbstbestimmung der Völker zu achten. Das ist die völkerrechtliche Grundlage für den Prozess der Entkolonialisierung, der noch zu Ende gebracht werden muss, so sehr sich die französischen, britischen und anderen ehemaligen Kolonialmächte auch dagegen wehren. 1970 beschloss die UN-Generalversammlung in der „Erklärung über die Grundsätze des Völkerrechts“, dass die territoriale Integrität der Staaten geachtet wird, deren Regierungen das Selbstbestimmungsrecht der Völker achten und somit die gesamte in dem betreffenden Gebiet lebende Bevölkerung vertreten. Das war eine einstimmige Entscheidung der Generalversammlung nach vielen Jahren schwieriger Diskussionen. Man muss nicht beweisen, dass die ukrainischen Neonazis, die durch den von den USA und ihren Verbündeten unterstützten blutigen Staatsstreich im Februar 2014 die Macht in Kiew übernommen haben, die russische Bevölkerung auf der Krim, im Donbass und in Noworossija nicht vertreten haben und es auch weiterhin nicht tun.
Die westlichen Staats- und Regierungschefs, die bei jeder Gelegenheit vom Thema Menschenrechte besessen sind, schweigen bezeichnenderweise zu diesen Rechten, wenn es um die rassistischen Aktionen ihrer Klienten in Kiew geht. Angesichts dieser Vergesslichkeit müssen wir uns eine weitere Forderung des ersten Artikels der UN-Charta ins Gedächtnis rufen: die Achtung der Rechte und Grundfreiheiten aller Menschen, unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Sprache oder Religion. Die Rechte von Russen und Menschen, die mit der russischen Kultur verbunden sind, werden seit dem Staatsstreich in Kiew systematisch ausgehöhlt. Die russische Sprache ist in der Ukraine in allen Bereichen gesetzlich verboten: im Bildungswesen, in den Medien, in der Kunst, in der Kultur und sogar im täglichen Leben.
Vor kurzem wurde ein weiteres Gesetz verabschiedet, das die kanonische ukrainisch-orthodoxe Kirche verbietet. Das Kiewer Regime bekämpft alles, was mit der russischen Welt zu tun hat. Die am meisten diskriminierte Bevölkerungsgruppe in der Ukraine sind seit vielen Jahren die russischsprachigen Bürger. Unter diesen Umständen sind Wladimir Selenskys Beschwörungsformeln über die Notwendigkeit, die UN-Charta zu respektieren, blanker Hohn.
Genau diese eklatanten Verstöße gegen die in der UN-Charta verankerten Rechte der Russen sowie die Bedrohungen für die Sicherheit Russlands und ganz Europas, die von dem Kiewer Regime und denen ausgehen, die es in die NATO hineinziehen, sind die Hauptursachen für die derzeitige Krise in der Ukraine. Die Militäroperation, die Russland durchführt, um seine Sicherheit und die Gegenwart und Zukunft der Menschen in ihrem angestammten Land zu schützen, zielt darauf ab, sie zu beseitigen.
Wir schätzen den aufrichtigen Wunsch einiger unserer Partner, mit besten Absichten Vermittlungsinitiativen zu fördern. Wir respektieren ihren konstruktiven Fokus auf Ergebnisse – im Gegensatz zur Sackgasse der „Selensky-Formel“. Dabei appellieren wir an unsere Freunde, bei ihren künftigen Bemühungen die oben genannten Fakten über die wahren Ursachen der gegenwärtigen Situation voll zu berücksichtigen. Ohne deren Beseitigung kann kein gerechter Frieden auf der Grundlage der UN-Charta erreicht werden. Präsident Putin skizzierte am 14. Juni 2024 einen realistischen Plan für eine Beilegung des Konflikts. Der russische Staatschef demonstrierte einmal mehr überzeugend den guten Willen Russlands, Verhandlungslösungen zu erreichen, deren Aussichten durch den Staatsstreich von 2014, das Scheitern der Minsker Vereinbarungen von 2015 und der Istanbuler Vereinbarungen von 2022 von Kiew und seinen Schutzherren „gekippt“ wurden.
Auf dem Weg zu einer gerechteren internationalen Ordnung
Das beispiellose Niveau der Arroganz und Aggressivität der westlichen Politik gegenüber Russland macht nicht nur die vom UN-Generalsekretär propagierte „globale Zusammenarbeit“ zunichte, sondern blockiert auch zunehmend das Funktionieren des gesamten Systems der weltweiten Führung, einschließlich des UN-Sicherheitsrats. Das ist nicht unsere Entscheidung, und nicht wir müssen die Verantwortung für die Folgen eines solch gefährlichen Kurses tragen. Wenn der Westen jedoch nicht aufhört, werden alle die schweren Kosten spüren.
Für die Mehrheit der Welt ist offensichtlich, dass Konfrontation und Hegemonie kein einziges globales Problem lösen werden. Sie hemmen nur künstlich den objektiven Prozess der Bildung einer multipolaren Weltordnung, die auf der Gleichberechtigung von großen und kleinen Nationen, der Achtung des Wertes der menschlichen Persönlichkeit, der Gleichberechtigung von Mann und Frau und dem Recht der Völker, ihr Schicksal selbst zu bestimmen, beruht. All dies findet sich auch in der UN-Charta. Ebenso wie der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten, dessen Bestätigung zur Schande der UN-Mitglieder von den USA und ihren Satelliten auf dem „Zukunftsgipfel“ bei der Verabschiedung des entsprechenden Paktes blockiert wurde.
In seiner Rede vor den Teilnehmern des IV. Eurasischen Frauenforums am 18. September 2024 in St. Petersburg betonte Wladimir Putin die Notwendigkeit, die Anstrengungen im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung und einer universellen, gleichen und unteilbaren Sicherheit zu vereinen. Man kann die komplexen Probleme der gesamten Menschheit nur gemeinsam lösen und muss dabei die Interessen der anderen berücksichtigen. Der Westen muss das erkennen und seine neokolonialen Ambitionen aufgeben.
Der globale Süden und der Osten der Welt machen zunehmend ihr Recht auf eine umfassende Beteiligung an Entscheidungsprozessen im gesamten Spektrum der internationalen Agenda geltend. Das gewinnt in einer Situation, in der der Westen das von ihm geschaffene Globalisierungsmodell systematisch zerstört, immer mehr an Bedeutung.
Die Rolle zwischenstaatlicher Vereinigungen in Asien, Afrika und Lateinamerika wird gestärkt. Dazu gehören die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die Eurasische Wirtschaftsunion, die Afrikanische Union, die Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten, die Liga der Arabischen Staaten, der Verband Südostasiatischer Nationen und viele andere.
Regionale Integrationsstrukturen knüpfen Kontakte sowohl untereinander als auch mit der globalen Vereinigung BRICS, was Möglichkeiten für die Harmonisierung von Ansätzen zur Vereinbarung von Mechanismen für eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit und Entwicklung jenseits der Kontrolle negativer externer Einflüsse und Diktate schafft. All diese objektiven Prozesse müssen auch bei den Aktivitäten der G20 berücksichtigt werden, wo die G7 nicht mehr „die Musik bestellen“ kann.
Zur Sicherheitsarchitektur in Eurasien
Heute muss man einen neuen Blick auf die Art und Weise werfen, wie die Sicherheit in verschiedenen Regionen gewährleistet werden kann, und dabei Lehren aus den traurigen Erfahrungen mit den transatlantischen Sicherheitsmodellen ziehen, die der Westen in den Dienst seiner expansionistischen Pläne gestellt hat.
Russland hat eine Initiative zur Schaffung einer umfassenden Architektur für gleiche und unteilbare Sicherheit in Eurasien vorgelegt. Sie steht allen Staaten und Organisationen unseres gemeinsamen Kontinents offen, die bereit sind, zusammenzuarbeiten, um allgemein akzeptable Lösungen zu finden und dabei die Verflechtung und die natürlichen Wettbewerbsvorteile des gemeinsamen eurasischen Raums zu nutzen. Dieses Thema wird Gegenstand der internationalen Konferenz in Minsk sein, die vom 31. Oktober bis 1. November 2024 stattfinden wird.
Die Bildung eines Raums gleicher und unteilbarer Sicherheit in Eurasien ist angesichts der groß angelegten Prozesse, die sich in der Makroregion abspielen, eine dringende Notwendigkeit. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Verschlechterung der militärischen und politischen Lage durch den Kurs des „kollektiven Westens“, die souveräne Entwicklung der führenden Mächte des Kontinents zu untergraben, für die verantwortlichen eurasischen Staaten an sich nicht akzeptabel ist. Es geht auch darum, dass die wachsenden Risiken, dass Spannungen zu großen Konflikten eskalieren, die weitere schrittweise Entwicklung des gesamten eurasischen Raums in Frage stellen, in dem das Wachstum der Weltwirtschaft zu einem Großteil gewährleistet wird. Die Lösung der Sicherheitsfragen ist eine Voraussetzung für die weitere dynamische Entwicklung der Länder des Kontinents und für die Erschließung des Potenzials der multilateralen Projekte, an denen sie beteiligt sind.
Unsere Initiative basiert auf der Einsicht, dass die Staaten und multilateralen Strukturen der eurasischen Region nach dem Prinzip „Eurasische Probleme – eurasische Lösungen“ die Verantwortung für die Gewährleistung ihrer eigenen Sicherheit übernehmen müssen. Die strategischen Ziele der von uns vorgeschlagenen Architektur sind daher die Beilegung bestehender Widersprüche auf dem Kontinent durch die eurasischen Länder selbst, die Verhinderung künftiger Konflikte und die Beseitigung der destabilisierenden militärischen Präsenz von Akteuren, die nicht aus der Region Eurasien sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Staaten, die an einer langfristigen Stabilisierung der militärischen und politischen Lage interessiert sind, sich aktiv an der Lösung von Sicherheitsfragen auf der Grundlage einer Einigung auf gemeinsame Ansätze beteiligen werden. Wir betrachten Fragen der Wirtschaft, des sozialen Wohlergehens, der Integration und der für die Beteiligten vorteilhaften Zusammenarbeit sowie die Lösung gemeinsamer Probleme als integralen Bestandteil der Arbeit im Bereich der eurasischen Sicherheit.
Dabei betreiben wir keine „Abschottung“ der europäischen Staaten und schließen sie nicht vom Dialog aus, vorausgesetzt, sie sind wirklich interessiert und nicht an destruktiven Aktionen gegen andere Länder in Eurasien beteiligt, einem Kontinent, der sich von Lissabon bis Wladiwostok und von Moskau bis Riad, Neu-Delhi, Peking und Jakarta erstreckt.
Und zur Reform des UN-Sicherheitsrates
Im Juli dieses Jahres hat der UN-Sicherheitsrat auf Anregung Russlands eine offene Debatte über den Aufbau einer gerechteren und nachhaltigeren Weltordnung geführt. Es ist zweifellos wichtig, die in der UNO und auf anderen Plattformen begonnene Diskussion fortzusetzen. Dabei ist für uns völlig klar, dass eine gerechte Weltordnung eine stärkere Vertretung des Globalen Südens und Ostens – also der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas – im UN-Sicherheitsrat voraussetzt. Wir haben unsere Position zugunsten der Kandidaturen Brasiliens und Indiens bekräftigt und gleichzeitig eine positive Entscheidung zu den Initiativen der Afrikanischen Union in dieser Frage getroffen. Es ist unlogisch und sogar absurd, die Idee zusätzlicher Sitze für westliche Länder und ihre Verbündeten zu unterstützen, die im Sicherheitsrat bereits überrepräsentiert sind.
Allerdings halten nicht alle das, was wir tun, für gerecht. Über die Reform des UN-Sicherheitsrats werden viele Meinungen veröffentlicht. Antonio Guterres hat jedoch am meisten überrascht, als er sagte, dass Europa im UN-Sicherheitsrat überrepräsentiert sei, weil Frankreich, Großbritannien und Russland ständige Mitglieder sind. Dieses geopolitische Weltbild spiegelt nicht nur nicht die aktuelle Realität wider, sondern verzerrt sie völlig: insbesondere nach dem Austritt Londons aus der EU und unserer Weigerung, den transatlantischen und pan-europäischen Projekten beizutreten.
Im Mai 2025 jährt sich zum 80. Mal der Sieg im Zweiten Weltkrieg. Die Opfer der völkermörderischen Politik des Dritten Reiches waren mehrere Dutzend Millionen Menschen, darunter 27 Millionen Vertreter aller Völker der Sowjetunion. Solche Verbrechen verjähren nicht, ebenso wenig wie es eine moralische Rechtfertigung für diejenigen gibt, die heute versuchen, die Nazi-Henker, Kollaborateure und ihre heutigen Anhänger weißzuwaschen, sei es in der Ukraine, den baltischen Staaten, Kanada oder anderen Ländern.
Wie im Zweiten Weltkrieg steht die internationale Gemeinschaft auch heute wieder vor schwerwiegenden Herausforderungen, die gemeinsame Anstrengungen statt Konfrontation und Streben nach globaler Vorherrschaft erfordern. Russland wird immer auf der Seite der gemeinsamen Arbeit stehen, auf der Seite der Wahrheit und des Rechts, des Friedens und der Zusammenarbeit im Interesse der Wiederbelebung der Ideale, die von den Gründungsvätern der UNO festgelegt wurden. Das ist das Ziel der Arbeit der Gruppe der Freunde der UN-Charta, die auf Initiative Venezuelas gegründet wurde. Ihre Ziele und Grundsätze sind nach wie vor von großer Bedeutung. Das Wichtigste ist, dass sich ausnahmslos alle von diesen Grundsätzen leiten lassen, und zwar nicht selektiv, indem sie aus dem Menü nur einige auswählen, sondern in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenhang, einschließlich des Grundsatzes der souveränen Gleichheit der Staaten. Wenn wir uns dann für einen gerechten Ausgleich der legitimen nationalen Interessen aller Länder einsetzen, werden wir in der Lage sein, das Ziel der UN-Charta zu verwirklichen: „Ein Zentrum für die Koordinierung des Handelns der Nationen zu sein“.
Ende der Übersetzung
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