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2024-10-14 04:32:42

leon_21 on Nostr: Vogelmusik Alles Beginnt mit einem Lied. Dem Lied eines Vogels. Ein Lied, das von ...

Vogelmusik

Alles Beginnt mit einem Lied. Dem Lied eines Vogels. Ein Lied, das von Liebe, aber auch von Trauer zeugt. Ein Lied, welches Leben und Tod auf ewig vereint.
Das Zwitschern war bloß eines der vielen subtilen Geräusche, die sich als Teil seiner unmittelbaren Umgebung manifestierte. Nichts Ungewöhnliches war daran. Wie auch das monotone Surren des Ventilators oder das latente Rauschen des spätabendlichen Verkehrs unter seinem Fenster, zählte es zu den Lauten, die es sich gerne im schattigen Hintergrund unserer Wahrnehmung gemütlich machen. Und trotzdem riss es ihn buchstäblich aus der über die letzten Jahre steif gewordenen Struktur seines Lebens. Als wäre es so laut und von solcher Intensität, dass er nichts anderes mehr zu hören vermochte, packte es ihn am Schopf seines Verstandes und riss ihn davon. Wie ein hartnäckiger Gedanke nahm ihn der schüchterne Lockruf eines Vogels mit auf seinen Schwingen und trug ihn dort hin, woher er nicht wieder zurückkehren konnte.
In eine Welt voller Möglichkeiten.
An einen Ort voller Bedeutung.
Dorthin, wo alle Türen offen stehen und Niemandem auch nur im Traum einfallen würde, nach einem Schlüssel zu Fragen.
Es klingt überaus verrückt, doch dieser sagenumwobene, magische Ort befand sich schon immer direkt vor seinen Augen.
Doch wahrscheinlich waren es gerade seine weit geöffneten Augen, die ihn blind gemacht hatten. Erwartungsvolle Augen, die schon von klein auf dazu geschult wurden Ihre Umgebung nach potenziellen Gefahren abzutasten. Emsig suchten und tasteten sie alles ab, was ihnen vor die Linse kam. Jedes kleine Detail wurde noch so häufig unter die Lupe genommen, bis es sich nahezu auf ihre Netzhäute eingebrannt hatte. Doch der blinde Fleck, der bereits 25 Jahre ihr Sichtfeld beeinträchtigte schien ihnen entgangen zu sein. Als hätten sie ganz absichtlich einen großen Bogen um ihn gemacht. Als wüssten sie insgeheim über seine Existenz bescheid und mieden ihn nur, da seine wahrhaftige Existenz einem gewaltigen Erdrutsch gleichgekommen wäre. Einer Tosenden Lawine aus Geröll. Einer reißenden Mure, die bedenkenlos alles in ihrer wilden Talfahrt mit sich reißt und nichts als Staub und Trümmern zurück lässt.
Von hoch oben auf dem Rücken des Vogels sah er ihre Überreste. Eine Schneise der Verwüstung hatte sich durch das satte Grün der frühlingshaften Felder, Wiesen und Bäume gezogen. Tote Erde lag dort, wo vor kurzem noch das Leben spross. Wild und ohne Zusammenhang waren die Bestandteile, dessen was ewige Jahre zuvor seinen Platz gehabt hatte, durcheinandergeworfen worden. Ihre ursprüngliche Zusammensetzung, ihre ursprüngliche Bestimmung war mit einem Schlag entzweit worden und nichts und niemand würde sie je wieder vereinen können. Ein feindlicher, nahezu unnatürlicher Anblick offenbarte sich ihm. Doch war es das wirklich? Nun wo nichts mehr seine Augen trübte, sah er es klar und deutlich. Aus den Überresten der Verwüstung waren bereits vereinzelte Triebe und Sprösslinge ausgetreten.
Hatte hier wirklich eine Zerstörung stattgefunden? Oder war dies vielmehr eineArt Geburt? Ein Neuanfang, wenn man so möchte.

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